Downloadversionen (ESD) – Microsoft hebelt Nutzerrechte aus

Durch das Internet eröffnen sich seit einiger Zeit neue Vertriebswege für Softwarehersteller.
Die Firmen Microsoft, Apple, Adobe und Co. liefern Ihre Produkte parallel zur (oder anstelle der) CD/DVD-Variante als ESD – Electronic Software Delivery (Elektronische Software Lieferung) aus.

Das Prinzip ist einfach: online die passende Software aussuchen, per Kreditkarte oder einem Online-Zahlungssystem bezahlen, Software herunterladen und gleich nutzen.

Vorteile:

  • Die Software steht nach dem Kauf rund um die Uhr zur Verfügung (solange man einen Internetzugang hat).
  • Die Software lässt sich innerhalb weniger Minuten nach dem Bezahlen nutzen.
  • Oft sind mehrere Sprachpakete für die Software vorhanden, für den Fall dass man die Sprache der Benutzeroberfläche umstellen muss.
  • Es fallen keine Versandkosten an.
  • Es gibt keine Verpackung mehr, die Lagerplatz wegnimmt.
  • Der Benutzeraccount beim Hersteller hält die erforderlichen Informationen im Falle eines Hard-, bzw. Softwareproblems bereit, um die Software wiederherzustellen. Die Suche nach Installationsmedium und Lizenzschlüssel in den Unterlagen entfällt, da die Software mit dem Benutzeraccount gekoppelt ist.

Nachteile:

  • Ein Arbeiten ohne Online-Verbindung kann vom Hersteller jederzeit eingeschränkt oder sogar ganz unterbunden werden, wie es von Microsoft schon bei der neuen X-Box 720 angekündigt wurde.
  • Ein Verkauf der online erworbenen Lizenz gestaltet sich rechtlich bzw. technisch äußerst schwierig bis unmöglich, denn ein Gegenstand wie eine Softwarebox mit einem wie auch immer gearteten Dokument (z.B. Certificate of Authenticity) gibt es nicht mehr. So lässt sich nicht verhindern, dass eine ESD-Lizenz unrechtmäßig mehrmals kopiert und gebraucht weiterveräußert wird.

Technische Voraussetzungen

Beispielhaft betrachten wir Produkte der Hersteller Microsoft und Adobe Systems.

  • Bei Microsoft-Office 365 werden die wichtigsten Funktionen als erstes geladen, damit der Kunde direkt damit arbeiten kann. Der Rest wird dann im Hintergrund weiter geladen („streaming“). Eine schnelle Internetverbindung ist hier Grundvoraussetzung, wenn das Arbeiten nicht zum Geduldspiel werden soll.
  • Bei Adobe wird die Software komplett heruntergeladen und installiert, es wird nicht im Hintergrund „gestreamt“.

Habe ich zeitlich unbegrenzten Zugriff auf die Software z.B. wenn ich nach 5 Jahren wieder neuinstalliere?

Wie es bei Office 365 aussieht, war zum aktuellen Zeitpunkt nicht ersichtlich.
Aber einen allgemeinen Eintrag zu den Microsoft-Diensten gibt es:

Die Microsoft-Dienste setzen eine regelmäßige Anmeldung bei Ihrem Microsoft-Konto voraus; eine Anmeldung muss mindestens alle 270 Tage erfolgen, damit der Bereich der Microsoft-Dienste (als Teil der gesamt angebotenen Dienste) aktiviert bleibt, sofern für ein Angebot eines kostenpflichtigen Bereichs der Dienste keine andere Regelung gilt. (…)Wenn die Microsoft-Dienste aufgrund einer unterlassenen Anmeldung Ihrerseits gekündigt werden, können Ihre Daten dauerhaft von unseren Servern gelöscht werden.

Beim Arbeiten mit Office 365 ist man normalerweise automatisch mit seinem Benutzeraccount angemeldet, so dass die Gefahr gering ist, den oben genannten Zeitraum von 270 Tagen zu überschreiten. Wer sich nicht sicher ist ob er angemeldet ist, kann das im Office-Fenster oben rechts erkennen, denn dort steht dann der eigene Name.

Auszug aus der FAQ von Adobe Systems: CS6 Master Collection
Über Ihre Adobe-ID und Ihr Kennwort ist der Zugriff auf die Inhalte bis zu drei Jahre nach Veröffentlichung des jeweiligen Produkts möglich.

Neues zu den Sprachpaketen:

Microsoft Office
Bei der Verkaufsversion Office 2013 müssen unter Umständen die Sprachpakete nachgekauft werden.
Preis im Microsoft Store: 19,99 € inkl. MwSt. (Stand 24.04.2013, der Preis kann jetzt anders sein)
Bei Office 365 sind die Sprachen alle inklusive, d.h., es muss kein Sprachpaket extra gekauft werden – Sie müssen das Office 365 in der entsprechenden Sprache installieren, um dann in den Optionen die Sprache umzustellen zu können.
Eine extra Auswahl der Sprachinstallation gibt es leider so nicht.

Adobe Systems
Die Sprachpakete sind alle in der Cloud verfügbar und können bei Bedarf nachinstalliert werden, sofern man Abonnent der Creative Cloud ist.

Vertrieb von CDs/DVDs in der Zukunft

Adobe hat Anfang April 2013 den Vertrieb der Einzelhandelsboxen komplett eingestellt.
Es können bei Adobe nach eigenen Angaben (auf Adobes Homepage) noch DVDs bestellt werden – Adobe behält sich aber vor, dieses Angebot ohne vorherige Ankündigung komplett wegfallen zu lassen.
Die Testversionen bzw. Vollversionen können nur noch Online und nur noch mit einer vorhandenen Adobe-ID per Downloadmanager heruntergeladen und installiert werden.

Microsoft hat bisher den Vertrieb der Einzelhandelsboxen nicht eingestellt, macht aber verstärkt Werbung für seine Abo-Versionen. Der Trend geht Richtung Abo-Versionen.

Microsoft Office 2013 vs. Microsoft Office 365

Office 2013 wird als Boxprodukt vertrieben, Sie halten die „Lizenz“ in der Hand und können die Software auch nach dem Ende des „Produkt-Lebenszyklus“ nutzen.
Office 365 wird als Abo-Version vertrieben, die Software wird vermietet. Solange Sie zahlen, können Sie die Software auch nutzen, bis Microsoft das Produkt entsprechend abkündigt. Vorsicht:damit behält Microsoft sich die Möglichkeit vor, das jetzt aktuelle Office 365 in Zukunft komplett gegen eine Nachfolgeversion auszutauschen – selbst wenn der Nutzer die alte Version vorzöge und sie weiter benutzen wollte, könnte ihm dies durch den Hersteller verwehrt werden.

Dieser Artikel wurde mit Office Word 365 geschrieben und per Skydrive in die Cloud geladen, um während Bearbeitung und Recherche schnell zur Verfügung zu stehen. 😉

Stephan Klos
Microsoft Certified IT Professional Enterprise Administrator on Windows Server 2008

BGH verschiebt Verhandlungstermin

Nachdem der EuGH bereits Mitte 2012 die aufsehenerregende Grundsatzentscheidung zur Frage der Zulässigkeit des Handels von gebrauchter Software fällte, braucht der BGH nun nach der neuerlichen Verschiebung des nächste Verhandlungstermins (vom 16.5.2013 auf den 17.7.2013) ein ganzes Jahr, um diese Entscheidung auf den aktuellen Fall anzuwenden. (Az. I ZR 129/08 (UsedSoft), Vorinstanzen: LG München I – Urteil vom 15. März 2007 – 7 O 7061/06, OLG München – Urteil vom 3. Juli 2008 – 6 U 2759/07)

Viele Softwarehersteller ignorieren bislang das EuGH-Urteil. Dadurch werden Anwender und Käufer weiterhin über die Rechtmäßigkeit des Handels mit Gebrauchtsoftware im Unklaren gelassen. Unwahrscheinlich ist, dass die Hersteller derweil versuchen, noch auf den genauen Wortlaut des BGH Einfluss zu nehmen, eines jedoch ist klar: Je länger das Verfahren dauert, desto länger können die Software-Hersteller darauf hoffen, dass die verunsicherten Kunden gebrauchten Lizenzen skeptisch gegenüberstehen und stattdessen lieber teurere Neuware lizenzieren.

Lesen Sie hier die Meldung des BGH.