Das Fazit der ARD-Dokumentation „Das Microsoft-Dilemma“, an deren Recherche auch Journalisten der seit 1983 zweiwöchentlich erscheinenden Computerzeitschrift c’t beteiligt waren, lautet: „In Deutschland und in der gesamten EU machen sich staatliche Behörden unnötigerweise abhängig von Microsoft.“
Die 44-minütige Dokumentation wurde vom rbb und dem Journalistenteam Investigate Europe produziert und ist noch bis zum 19. Mai 2018 in der ARD-Mediathek verfügbar.
Microsoft-Abhängigkeit in Behörden ist teuer und gefährlich
In der Kritik stehen die Behörden nicht nur weil die Abhängigkeit von Microsoft teuer ist, sondern auch gefährlich. Microsoft Windows und Office sind beliebte Ziele für Hacker und Erpressungstrojaner, beim Einsatz in Behörden gibt es zudem erhebliche Datenschutzbedenken. Viele europäische Länder verstoßen gegen das Vergaberecht, wenn bei Softwareausschreibungen ausschließlich teure Lizenzverträge für Produkte eines Herstellers ausgeschrieben werden. Die Behörden jedoch argumentieren eine Einhaltung geltenden Rechts, da sich die Ausschreibung an verschiedene Händler für Microsoft-Lizenzen richtet. Mathieu Paapst, Fachanwalt für IT und Vergaberecht, hält eine Festlegung auf die Marke Microsoft bei solchen Rahmenverträgen für unzulässig.
Anfrage der c’t erzwingt Veröffentlichung von Rahmenvertrag
Die Bedenken zu den Rahmenverträgen zwischen Microsoft und den Behörden konnten bis zuletzt nicht zufriedenstellend ausgeräumt werden – was auch darin begründet liegt, dass mit ihnen nicht transparent umgegangen wird. Der deutsche Rahmenvertrag wurde nur durch einen Informationsfreiheitsantrag seitens der c’t publiziert – wesentliche Textpassagen, unter anderem solche mit finanziellen Details – allerdings geschwärzt.
Es kann auch anders funktionieren: Alternativen in München und Rom
Die Recherchen zur Dokumentation zeigen auch, dass es anders gehen kann – die Einführung von Linux in Münchner Behörden („LiMux“) galt zunächst als großer Erfolg und erhielt auch bei Bürgern und Mitarbeitern in München großen Zuspruch. Das Projekt, das im direkten Vergleich kostengünstiger, unabhängiger und sicherer zu sein scheint, wurde inzwischen aber wieder verworfen. Bis 2020 soll in München eine einheitliche Windows-Infrastruktur geschaffen werden, heise online berichtet von Kosten im dreistelligen Millionenbereich. Die Behörden in Rom und die italienische Armee arbeiten übrigens verstärkt mit offenen Alternativen, soll so beträchtliche Summen einsparen können – hier scheint die Politik gewillt, nicht die Augen zu verschließen.