EuGH: Verkauf von Sicherungskopien ohne Original illegal

In der Rechtssache C-128/11 urteilte der Europäische Gerichtshof schon Anfang Juli 2012, dass der Verkauf gebrauchter Software grundsätzlich legal sei. Eine Bedingung ist unter anderem, dass der Verkäufer vor der Veräußerung der Software gewährleisten muss, dass etwaige Sicherungskopien vernichtet worden sind.

Sicherungskopien dürfen nur mit Original-Datenträger verkauft werden

Laut dem am Mittwoch, 12. Oktober 2016, veröffentlichten Urteil (Az. C-166/15) ist der Verkauf von Lizenzschlüsseln in Kombination mit selbstgebrannten Sicherungskopien nur dann gestattet, wenn auch der Original-Datenträger mitverkauft wird. Ist der Original-Datenträger verlorengegangen oder defekt, darf der Lizenzschlüssel aber weiterverwendet werden – allerdings darf dann die Sicherungskopie nicht mitverkauft werden.

Weiterverkauf von Sicherungskopien ist Verstoß gegen Urheberrecht

In der Urteilsbegründung verwiesen die Richter darauf, dass der Weiterverkauf einer Sicherungskopie einen Verstoß gegen das Vervielfältigungsrecht des Herstellers darstelle. Zwar dürfen Sicherungskopien vom Besitzer angelegt werden um die Weiternutzung der Software zu gewährleisten, für den Weiterverkauf ist das aber untersagt.

Letten verkaufen tausende Sicherheitskopien online

Das Gerichtsverfahren wurde eingeleitet, da eine lettische Online-Plattform in den 2000er Jahren tausende Sicherungskopien von Microsoft-Software veräußert hatte. Microsoft forderte daraufhin wegen Urheberrechtsverstößen einen Schadensersatz in Höhe von 265.514 Euro. Die Betreiber der Plattform waren im Jahr 2012 verurteilt worden, klagten sich aber bis vor den Europäischen Gerichtshof. Dieser bestätigte die Unrechtmäßigkeit der Vorgehensweise erneut. Software, die um die Jahrtausendwende auf den Markt kam, wurde überwiegend mit Datenträger ausgeliefert. Aktuelle Microsoft-Software, unter anderem die Office-Pakete (ab Version 2007: MLK, 2010: PKC und 2013/2016: „Medialess“) wird ohne Datenträger ausgeliefert (bis auf wenige Ausnahmen bei OEM-Partnern). Für solche Software hat das Urteil also keinen Aktualitätsbezug.

Seriöse Gebrauchtsoftware-Händler verkaufen nur Original-Datenträger

Seriöse Gebrauchtsoftware-Händler verkaufen ausschließlich Ware, die dem ursprünglichen Auslieferungszustand entspricht. Achten Sie also beim Kauf von Gebrauchtsoftware darauf, dass die Ware mit dem ursprünglichen Auslieferungszustand identisch ist. War ursprünglich ein Datenträger im Lieferumfang enthalten, wird dieser auch durch den Gebrauchtsoftware-Händler verschickt. Gleiches gilt für die Umverpackung und vorhandenes Begleitmaterial (Broschüren, Lizenzschlüssel, Echtheitszertifikat, etc.). Bei neuerer Microsoft-Office-Software, die ab 2007 ausgeliefert wurde, liegt meist kein Datenträger bei. Die Software wird je nach Version als „MLK“, „PKC“- oder „Medialess“ bezeichnet, der Kunde muss hier die Installationsdateien von der Microsoft-Webseite herunterladen. Bei einem bloßen Versand von „gebrauchten“ ESD-Lizenzen per E-Mail, ist besondere Vorsicht geboten: hier kommt es nach EuGH/ BGH darauf an, im Prüfungsfall den (schriftlichen) Nachweis erbringen zu können, dass diese beim Ersterwerber gelöscht wurden, sie wirklich zum gleichen Zeitpunkt nur bei genau einem Lizenznehmer genutzt werden und dass es sich nicht um Mietlizenzen handelt! Auch Sicherungskopien plus Lizenzschlüssel werden nicht verschickt. Da Sicherungskopien laut EuGH-Urteil ohnehin nur mit Original-Datenträger verkauft werden dürfen, wird es in der Praxis wohl selten vorkommen, dass eine Kombination von Original-Datenträger, Sicherungskopie und Lizenzschlüssel verschickt wird. Sollte also eine zusätzliche Sicherungskopie gewünscht sein und kann diese nicht selbst erstellt werden, muss beim Verkäufer angefragt werden, ob dieser diesen Service leisten kann.

Die komplette Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden Sie hier.

Landgericht München I: Check24 ist kein Vergleichsportal

Das Landgericht München I urteilte, dass es sich bei Check24 nicht um ein Vergleichsportal, sondern um einen Versicherungsmakler handelt. Dieser Umstand müsse in Zukunft beim ersten Geschäftskontakt klar kenntlich gemacht werden, heißt es weiter. Die bisherige Praxis von Check24 sei rechtswidrig. Weitergehend habe Check24 Beraterpflichten zu erfüllen. Auch beim Online-Kauf einer Versicherung müsse der Verbraucher nach seinen Wünschen und Bedürfnissen befragt werden.

Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes der Versicherungskaufleute (BVK), sagte nach dem Urteil: „Dass Check24 den Verbraucher beim Erstkontakt deutlich über seine Maklerfunktion informieren muss, ist ein wichtiges Signal für den Verbraucherschutz in Deutschland.“ Der Bundesverband der Versicherungskaufleute hatte im Herbst 2015 gegen Check24 geklagt, um gegen die unliebsame Internet-Konkurrenz vorzugehen.

Nicht nur bei Versicherungen: Check24 agiert auch im Software-Segment als Makler  

Auch wenn es beim Gerichtsverfahren um die Versicherungssparte und nicht um Software ging: Check24 vermittelt auch im Software-Segment auf Provisionsbasis und wird so zu einer Art Makler. Das ist kritisch zu betrachten. Auch der Umstand, dass hier nicht alle am Markt existenten Preise verglichen werden. Denn Anbieter, die nicht mit Check24 zusammenarbeiten, sind gar nicht erst gelistet. Erst bei einer Partnerschaft mit Check24 werden entsprechende Händler gelistet, bei diesen kassiert Check24 dank Provisionen kräftig mit. Dabei liegen die Provisionssätze teilweise über den in der Branche üblichen Aufschlägen, was dann zur Folge hat, dass nur diejenigen Händler bei Check24 listen können, die entweder minderwertige Ware anbieten oder schlichtweg zu teuer sind. Von einem neutralen oder sogar beratenden, kundenfreundlichen Vergleichsportal kann hier nicht gesprochen werden. In der Praxis bedeutet das für Verbraucher, dass sie bei Check24 nicht unbedingt den besten erhältlichen Preis finden (was von einem Vergleichsportal zu erwarten wäre), sondern lediglich die besten Preise der Anbieter, die einer Zusammenarbeit auf Provisionsbasis vertraglich zugesagt haben.

VK Westfalen: Gebrauchtsoftware ausdrücklich erlaubt und unbedenklich

In einem Präzedenzfall stellte die Vergabekammer Westfalen klar, dass bei öffentlichen Vergaben auch Gebrauchtsoftware-Anbieter berücksichtigt werden müssen. In der Entscheidung (VK Münster, 1.3.2016, Aktenzeichen VK 1-2/16) wurde betont, dass Gebrauchtsoftware ausdrücklich erlaubt und unbedenklich sei. Damit schließt sich die Entscheidung der Vergabekammer Westfalen nahtlos an die Entscheidung der Vergabekammer Düsseldorf (Aktenzeichen VK – 7/2008-L) an, die ein Gebrauchtsoftware-Händler erstritten hatte.

Ausschreibung für Microsoft Licensing Solutions-Partner wird gestoppt

Die Vergabekammer Münster stoppte jetzt eine Ausschreibung, die sich nur an Microsoft Licensing Solutions-Partner richtete. Es handele sich bei Ausschreibungen, bei denen nur neue Microsoft-Software zugelassen sei, um einen Verstoß gegen das offene Verfahren sowie den Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung (§ 31 Abs. 6 VgV – früher § 8 EG Abs. 7 VOL/A). Das bedeutet, dass künftig auch Gebrauchtsoftware bei solchen Ausschreibungen angeboten werden darf. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung durch EuGH und BGH es nicht mehr sachlich nachvollziehbar mache, wieso eine Beschränkung auf Neuware besteht. Schließlich hat der Hersteller keinen Anspruch auf Unterlassung oder Schadenersatz gegenüber dem Erwerber der Gebrauchtsoftware.  Die Vergabekammer Münster erkennt und bestätigt also, dass der Gebrauchtsoftwarehandel absolut rechtssicher ist und erlaubt in kommenden Ausschreibungen auch Bewerbungen von entsprechenden Anbietern. Wichtig ist bei den Ausschreibungen, dass sich die Gebrauchtsoftware nicht von der Neufassung unterscheidet.

Rechtliches Risiko bei Audit ausgeschlossen

Weiterhin wird ausgeführt, dass Gebrauchtsoftware kein rechtliches Risiko bei einem Audit darstellt. Es scheint ausgeschlossen, dass Microsoft bei einem Audit die Rechtmäßigkeit der Lizenznutzung bestreiten oder einen Nachweis der Erschöpfung fordern könnte. Mit einer erfolgreichen Inanspruchnahme seitens Microsoft ist also nicht zu rechnen. Es reiche für die Beschaffungsstelle aus, eine Freistellungsvereinbarung mit dem Gebrauchtsoftware-Händler zu erstellen. Hier wird dokumentiert, dass der ursprüngliche Lizenznehmer seine Kopie(n) der Software zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs unbrauchbar gemacht hat.

Fazit

Gebrauchte Software erhält ein neues Maß an Rechtssicherheit, wenn es um Ausschreibungen geht. Gebrauchtsoftware-Händler dürfen nicht mehr von Ausschreibungen ausgeschlossen werden. Die Beschaffung gilt als rechtssicher, Bedenken gegenüber gebrauchter Software werden vergaberechtlich nicht mehr anerkannt. Für die Branche ist diese Klarstellung erfreulich – und auch die Behörden dürften von Einsparungen durch Gebrauchtsoftware profitieren.

Mehr zum Thema Steuerverschwendung in der Beschaffung finden Sie im CRN-Interview mit Dirk Lynen, Geschäftsführer der 2ndsoft GmbH. Im Interview mit CRN berichtet Dirk Lynen, Geschäftsführer der 2ndsoft GmbH, wie die Unsicherheit der Einkäufer bezüglich der geltenden Rechtslage bei Gebrauchtsoftware oft zu erheblichen Mehrkosten für Unternehmen, Behörden und auch den Steuerzahler führt.

Az. 6 U 173/15 – OLG Köln: Aufspaltung von Adobe-Volumenlizenzen gestattet

Az. 6 U 173/15: OLG Köln – Adobe muss 125.000 Euro Schadenersatz an Gebrauchtsoftware-Händler zahlen, Aufspaltung von Adobe-Volumenlizenzen gestattet

Az.: 6 W 42/16 – OLG Frankfurt am Main: Unbenutzter Produktschlüssel darf verkauft werden

Ein nicht aktivierter Lizenzschlüssel einer Software darf verkauft werden, und zwar unabhängig von der Rechtslage zu Gebrauchtsoftware.

Az.: I ZR 4/14 – 19.03.2015 – BGH

Az.: I ZR 4/14 – 19.03.2015 – BGH

Am 19. März 2015 erklärte der Bundesgerichtshof (BGH), dass der Weiterverkauf von Software mittels Produktschlüsseln dann gestattet sei, wenn der Vorerwerber seine Kopien dieses Programms unbrauchbar gemacht hat.

Az.: 3 U 188/13 – 03.07.2014 – OLG Hamburg

Az.: 3 U 188/13    03.07.2014    OLG Hamburg

Am 03. Juli 2014 erklärte der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamburg mit seinem Beschluss das Urteil gegen SAP für rechtsgültig.

Az.: 2/06 O 428/10 – 27.04.2011 – LG Frankfurt

Az.: 2/06 O 428/10 27.04.2011 LG Frankfurt

Leitsatz: UsedSoft ist der Einsatz und die Bewerbung für die Sicherheit seiner Produkte mit Hilfe von Notartestaten verboten. Dies gilt zumindest dann, wenn das Testat notariell bestätigt, dass ein ordnungsgemäßer Einkauf der UsedSoft-Lizenzen vorliegt. Denn dies erweckt den irreführenden Eindruck, dass der Notar den Softwarelizenzerwerb überprüft hat, obwohl er dies anhand der vorgelegten Dokumente gar nicht konnte.

Werbung mit Notartestat durch UsedSoft verboten (via online-und-recht.de)

Az.: 2/06 O 0576/09 – 06.07.2011 – LG Frankfurt

Az.: 2/06 O 0576/09 06.07.2011 LG Frankfurt

Leitsatz: UsedSoft unterliegt im Streit um den Handel und die Nutzung gebrauchter Software gegenüber Microsoft. Ein Kunde von UsedSoft, der die Rechtekette nicht lückenlos und nachvollziehbar darlegen kann, läuft Gefahr, an Microsoft Schadensersatz zu zahlen und die gebrauchte Software löschen zu müssen.

Kunde von UsedSoft zu Schadensersatz und Löschung der Software verurteilt (via online-und-recht.de)

Az.: I ZR 6/10 – 06.10.2011 – BGH – Echtheitszertifikate

Az.: I ZR 6/10 06.10.2011 BGH Echtheitszertifikate

Die Firma Microsoft kann sich gegen den Vertrieb von seinen Softwareprodukten durch einen anderen Anbieter widersetzen, wenn dieser Anbieter die Produkte im Nachhinein mit einem Echtheitszertifikat versieht, das ursprünglich nicht zu der ausgelieferten Ware gehörte.

Weitere Informationen finden Sie hier (link führt zu einer externen Webseite.)