Microsoft verbietet Downloadportale für Testversionen von Office und Co.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden (Urteil vom 28.03.2019, Az. I ZR 132/17), dass es sich um eine Urheberrechtsverletzung handelt, wenn ein Anbieter eine kostenlose Testversion eines Computerprogramms eines Dritten auf seinem Download-Portal zur Verfügung steht. Das gilt auch, wenn die entsprechende Software zuvor vom Urheberrechtsinhaber auf einer anderen Internetseite frei zugänglich zur Verfügung gestellt wurde.

Microsoft und eBay-Händler wegen Microsoft Office Professional Plus 2013 vor Gericht

Der beklagte eBay-Händler verkaufte üblicherweise Produktschlüssel über seinen Online-Shop, dazu über den Online-Marktplatz eBay. Der Anbieter stellte auf seiner Website eine kostenlose Testversion von Microsoft Office Professional Plus 2013 bereit. Nach Kauf, Download und Installation konnte die Software mit Hilfe des bei diesem Händler erworbenen Produktschlüssels die Vollversion freigeschaltet werden. Microsoft jedoch hat für diesen Vorgang keine Erlaubnis erteilt, klagte deshalb auf Unterlassung und forderte Schadenersatz.

Urteilsbegründung: Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung nach § 69c Nr. 4 Urheberrechtsgesetz (UrhG) durch Händler verletzt

Bereits in den Vorinstanzen wurde zu Gunsten Microsofts entschieden, die Richter des Bundesgerichtshofs schlossen sich nun an. In der Urteilsbegründung wurde betont, dass Microsofts Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung nach § 69c Nr. 4 Urheberrechtsgesetz (UrhG) durch den Händler verletzt wurde. Es sei allein das Recht des Urhebers, sein Werk mittels Veröffentlichung im Internet zugänglich so zugänglich zu machen, dass Dritte es jederzeit abrufen können. Das Bereithalten einer Software zum Abruf auf einem Downloadportal stellt eine eigene Nutzungshandlung des öffentlichen Zugänglichmachens dar. Schließlich verliert der Urheber die Kontrolle über die Bereithaltung seiner Werke. Unbedenklich wäre es im Falle des Händlers gewesen, auf das Downloadportal Microsofts zu verlinken.

Microsoft entfernt Downloadmöglichkeiten nach Support-Ende

Microsofts Anspruch, über die Zugänglichmachung seiner Werke bestimmen zu dürfen, wurde durch den Bundesgerichtshof bestätigt – und das ist auch aus Verbrauchersicht nachvollziehbar. Allerdings kommt es dadurch auch zu Problemen für User, die eine Microsoft-Software legal erworben haben. Beispiel Office 2007: Der Support für Microsoft Office 2007 endete am 10. Oktober 2017. Grundsätzlich bietet Office in der Regel einen fünfjährigen Mainstream-Support (inhaltliche und Sicherheitsupdates), darauf folgt der Extended Support (erweiterter Support, nur Sicherheitsupdates). Ungefähr zum Ablauf des erweiterten Supportzeitraums entfernte Microsoft die entsprechende ISO-Datei von Office 2007 von seinen Servern.  Bei diversen Händlern finden sich aber noch originalverpackte Office-MLKs (Basic, Pro, SBE) zum Kauf. MLK bedeutet Medialess Licence Kit, bei diesem Produkt wird kein Datenträger zur Installation mitgeliefert. Käufer sind also darauf angewiesen, dass Office 2007 auf einem Gerät vorinstalliert ist oder Microsoft eine entsprechende ISO-Datei zum Download anbietet. Geräte mit vorinstalliertem Office 2007 dürften ein Jahrzehnt später äußerst selten sein, durch Microsofts Entfernen der ISO-Datei ist es Kunden nicht möglich, eine legal erworbene Software sofort zu installieren/nutzen. Probleme treten auch auf, wenn Office 2007 erneut installiert werden muss (sei es durch Systemabstürze, Systemumstieg etc.) – auch hier fehlt dann eine Möglichkeit, über den Hersteller an eine ISO-Datei zu gelangen. Erstaunte Kunden melden sich in solchen Fällen ratlos an die Händler – diese stehen dann in der Verantwortung, die eigentlich Microsoft tragen sollte. Für solche Fälle wäre ein richtungsweisendes Urteil wünschenswert. So könnte Microsoft über einen vordefinierten, längeren Zeitraum zur Bereitstellung der Downloads verpflichtet oder Händlern die Erlaubnis erteilt werden, Software, die sich außerhalb des Support-Zeitraums befindet, bereitstellen zu dürfen.

Auf juris.bundesgerichtshof.de können Sie das gesamte Urteil als PDF beziehen.

„Digitale Erschöpfung“: Neue EuGH-Vorlage aus den Niederlanden

Software unterliegt dem Erschöpfungsgrundsatz. In der Rechtssache C-128/11 urteilte der Europäische Gerichtshof bereits im Juli 2012, dass mit Gebrauchtsoftware gehandelt werden darf – wenn bestimmte „Spielregeln“ eingehalten werden. Der Erschöpfungsgrundsatz besagt, dass Schutzrechte an Software, die der Erschöpfung unterliegen, sich in der Regel verbrauchen, sobald der geschützte Gegenstand erstmalig in Verkehr gebracht wurde. Das bedeutet, dass Software weiterverkauft werden darf. Dieses Grundsatzurteil ebnete dem Gebrauchtsoftware-Handel den Weg in die absolute Rechtssicherheit.

Hörbücher und E-Books – gilt der Erschöpfungsgrundsatz?

Doch wie sieht es mit digitalen Produkten aus? Das OLG Hamm entschied Mitte Mai 2014, dass für Hörbücher keine Erschöpfung eintritt (OLG Hamm, Urteil vom. 15.05.2014, Az. 22 U 60/13). Zum selben Schluss kam das OLG einige Monate später in Bezug auf E-Books (OLG Hamburg, Hinweisbeschluss vom 04.12.2014, Az. 10 U 5/11). Bei digitaler Software sieht es wiederum anders aus. Hier entschied der EuGH, dass diese Software ebenfalls gebraucht gehandelt werden darf. Allerdings ist dabei u.a. ein Nachweis für den Rechteerwerb innerhalb der Europäischen Union erforderlich. Es muss bewiesen werden können, dass die Software ausschließlich beim neuen Lizenznehmer in Betrieb ist. Das geschieht in der Praxis über eine Löschungserklärung.

Niederländisches Gericht bereitet Fragenkatalog für EuGH vor

Auf EU-Ebene steht eine Klärung des Sachverhalts in Bezug auf E-Books noch aus. In den Niederlanden ist seit mehreren Jahren ein Rechtsstreit zwischen Verlagen und der Gebraucht-E-Book-Plattform „Tom Kabinet“ im Gange. Auf „Tom Kabinet“ werden gebrauchte E-Books zu Preisen ab zwei Euro (zzgl. Gebühren) angeboten. Die „Rechtbank Den Haag“ hat mehrere Vorlagefragen für den EuGH formuliert, welcher diesem vorgelegt werden soll. Sobald die beiden Parteien Stellung zur Sache bezogen haben. Die Frist verstreicht zum 30. August 2017. Der anschließend endgültig formulierte Fragekatalog wird dann dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.

Gebrauchtsoftware: So hält die Ware einem Lizenz-Audit stand

Viele Gebrauchtsoftware-Händler handeln nur mit physischer Ware mit Original-Lieferumfang. Ausnahmen bilden Lizenzübertragungen, die durch den Händler bei den Herstellern direkt vorgenommen werden – etwa bei gebrauchten Autodesk- oder Dassault Systèmes-Lizenzen. Die Ware wird immer in dem Lieferumfang weiterverkauft, in dem sie ursprünglich erworben wurde. Produktverpackung, evtl. vorhandener Datenträger, Echtheitszertifikate und Packungsbeilagen werden gemeinsam per Post verschickt. Seriöse Händler nehmen Abstand von physischen Artikeln, die sich nicht mehr im ursprünglichen Lieferumfang befinden – etwa, wenn ein ursprünglich beigelegter Datenträger fehlt. Solche Verkäufe entsprechen nicht den Standards, die der EuGH definiert hat. Auch Lizenzen, die ausschließlich über digitale Vertriebswege bezogen werden (z.B. „ESD-Lizenzen“) dürfen gehandelt werden, hier gilt eine verschärfte Sorgfaltspflicht: Der Händler muss darauf achten, dass ein Nachweis für den Rechteerwerb innerhalb der EU vorliegt und die Software ausschließlich beim neuen Lizenznehmer in Betrieb ist (Löschungserklärung, ggf. Nachweis der Lizenzkette). Dann hält auch digital vertriebene Software einem Lizenz-Audit stand. Bei physischer Software ist es ausreichend, wenn die Ware komplett ist und auch so versandt wird. Vorsicht vor unseriösen Angeboten bei Auktionsplattformen im Internet, wo Händler die Nachweise für digital vertriebene Software nicht erbringen können oder nicht komplette Software-Pakete anbieten – hierbei handelt es sich nicht um eine ordentliche Lizenz!

EuGH: Verkauf von Sicherungskopien ohne Original illegal

In der Rechtssache C-128/11 urteilte der Europäische Gerichtshof schon Anfang Juli 2012, dass der Verkauf gebrauchter Software grundsätzlich legal sei. Eine Bedingung ist unter anderem, dass der Verkäufer vor der Veräußerung der Software gewährleisten muss, dass etwaige Sicherungskopien vernichtet worden sind.

Sicherungskopien dürfen nur mit Original-Datenträger verkauft werden

Laut dem am Mittwoch, 12. Oktober 2016, veröffentlichten Urteil (Az. C-166/15) ist der Verkauf von Lizenzschlüsseln in Kombination mit selbstgebrannten Sicherungskopien nur dann gestattet, wenn auch der Original-Datenträger mitverkauft wird. Ist der Original-Datenträger verlorengegangen oder defekt, darf der Lizenzschlüssel aber weiterverwendet werden – allerdings darf dann die Sicherungskopie nicht mitverkauft werden.

Weiterverkauf von Sicherungskopien ist Verstoß gegen Urheberrecht

In der Urteilsbegründung verwiesen die Richter darauf, dass der Weiterverkauf einer Sicherungskopie einen Verstoß gegen das Vervielfältigungsrecht des Herstellers darstelle. Zwar dürfen Sicherungskopien vom Besitzer angelegt werden um die Weiternutzung der Software zu gewährleisten, für den Weiterverkauf ist das aber untersagt.

Letten verkaufen tausende Sicherheitskopien online

Das Gerichtsverfahren wurde eingeleitet, da eine lettische Online-Plattform in den 2000er Jahren tausende Sicherungskopien von Microsoft-Software veräußert hatte. Microsoft forderte daraufhin wegen Urheberrechtsverstößen einen Schadensersatz in Höhe von 265.514 Euro. Die Betreiber der Plattform waren im Jahr 2012 verurteilt worden, klagten sich aber bis vor den Europäischen Gerichtshof. Dieser bestätigte die Unrechtmäßigkeit der Vorgehensweise erneut. Software, die um die Jahrtausendwende auf den Markt kam, wurde überwiegend mit Datenträger ausgeliefert. Aktuelle Microsoft-Software, unter anderem die Office-Pakete (ab Version 2007: MLK, 2010: PKC und 2013/2016: „Medialess“) wird ohne Datenträger ausgeliefert (bis auf wenige Ausnahmen bei OEM-Partnern). Für solche Software hat das Urteil also keinen Aktualitätsbezug.

Seriöse Gebrauchtsoftware-Händler verkaufen nur Original-Datenträger

Seriöse Gebrauchtsoftware-Händler verkaufen ausschließlich Ware, die dem ursprünglichen Auslieferungszustand entspricht. Achten Sie also beim Kauf von Gebrauchtsoftware darauf, dass die Ware mit dem ursprünglichen Auslieferungszustand identisch ist. War ursprünglich ein Datenträger im Lieferumfang enthalten, wird dieser auch durch den Gebrauchtsoftware-Händler verschickt. Gleiches gilt für die Umverpackung und vorhandenes Begleitmaterial (Broschüren, Lizenzschlüssel, Echtheitszertifikat, etc.). Bei neuerer Microsoft-Office-Software, die ab 2007 ausgeliefert wurde, liegt meist kein Datenträger bei. Die Software wird je nach Version als „MLK“, „PKC“- oder „Medialess“ bezeichnet, der Kunde muss hier die Installationsdateien von der Microsoft-Webseite herunterladen. Bei einem bloßen Versand von „gebrauchten“ ESD-Lizenzen per E-Mail, ist besondere Vorsicht geboten: hier kommt es nach EuGH/ BGH darauf an, im Prüfungsfall den (schriftlichen) Nachweis erbringen zu können, dass diese beim Ersterwerber gelöscht wurden, sie wirklich zum gleichen Zeitpunkt nur bei genau einem Lizenznehmer genutzt werden und dass es sich nicht um Mietlizenzen handelt! Auch Sicherungskopien plus Lizenzschlüssel werden nicht verschickt. Da Sicherungskopien laut EuGH-Urteil ohnehin nur mit Original-Datenträger verkauft werden dürfen, wird es in der Praxis wohl selten vorkommen, dass eine Kombination von Original-Datenträger, Sicherungskopie und Lizenzschlüssel verschickt wird. Sollte also eine zusätzliche Sicherungskopie gewünscht sein und kann diese nicht selbst erstellt werden, muss beim Verkäufer angefragt werden, ob dieser diesen Service leisten kann.

Die komplette Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden Sie hier.

Az.: 6 W 42/16 – OLG Frankfurt am Main: Unbenutzter Produktschlüssel darf verkauft werden

Ein nicht aktivierter Lizenzschlüssel einer Software darf verkauft werden, und zwar unabhängig von der Rechtslage zu Gebrauchtsoftware.

BGH verschiebt Verhandlungstermin

Nachdem der EuGH bereits Mitte 2012 die aufsehenerregende Grundsatzentscheidung zur Frage der Zulässigkeit des Handels von gebrauchter Software fällte, braucht der BGH nun nach der neuerlichen Verschiebung des nächste Verhandlungstermins (vom 16.5.2013 auf den 17.7.2013) ein ganzes Jahr, um diese Entscheidung auf den aktuellen Fall anzuwenden. (Az. I ZR 129/08 (UsedSoft), Vorinstanzen: LG München I – Urteil vom 15. März 2007 – 7 O 7061/06, OLG München – Urteil vom 3. Juli 2008 – 6 U 2759/07)

Viele Softwarehersteller ignorieren bislang das EuGH-Urteil. Dadurch werden Anwender und Käufer weiterhin über die Rechtmäßigkeit des Handels mit Gebrauchtsoftware im Unklaren gelassen. Unwahrscheinlich ist, dass die Hersteller derweil versuchen, noch auf den genauen Wortlaut des BGH Einfluss zu nehmen, eines jedoch ist klar: Je länger das Verfahren dauert, desto länger können die Software-Hersteller darauf hoffen, dass die verunsicherten Kunden gebrauchten Lizenzen skeptisch gegenüberstehen und stattdessen lieber teurere Neuware lizenzieren.

Lesen Sie hier die Meldung des BGH.