Autodesk-Software zum Schnäppchenpreis: Vorsicht vor dreister Betrugsmasche, die tausende Euro kostet!

Treue Leserinnen und Leser unseres Blogs auf Gebrauchtesoftware.de werden sich an diverse Artikel zu Software-Fälschungen und Betrugsversuchen erinnern, die wir in den letzten Jahren nach eigener Recherche veröffentlicht haben. So entdeckte unsere Redaktion im Mai 2016 und im Mai 2017 Fälschungen von Microsoft Office 2010 bzw. Office 2013 bei Amazon, berichtete auch, weshalb Microsoft Windows und Office ab 1,99 Euro nicht legal sein können. Der aktuelle Fall, mit dem sich die Redaktion befasst, schlägt dem Fass jedoch den Boden aus und ist an Dreistigkeit kaum zu übertreffen; wir bestellten bei einem scheinbar seriösen Händler eine Autodesk-Software für knapp 6.000 Euro und erhielten keinen Gegenwert.

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Foto: Autodesk Inventor 2020 Professional bei eBay Kleinanzeigen, Kaufpreis 5.699 Euro. | Quelle: Screenshot

Alles beginnt mit einer Annonce beim Verkaufsportal eBay Kleinanzeigen. Ein aus Bielefeld-Heepen stammender gewerblicher Nutzer, die CS programming UG & Co. KG, bietet hier die Software Autodesk Inventor 2020 Professional als Kauflizenz inklusive Wartungsvertrag an. In der Artikelbeschreibung heißt es unter anderem:

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Foto: Artikelbeschreibung der bei eBay Kleinanzeigen zum Verkauf angebotenen „Lizenz“ von Autodesk Inventor 2020 Professional | Quelle: Screenshot

Artikelbeschreibung suggeriert den Verkauf einer Vollversion ohne Einschränkungen

Die Artikelbeschreibung wirkt zunächst vertrauenserweckend. Die Software wird von einem gewerblichen Nutzer angeboten und richtet sich an Privatpersonen und Geschäftstreibende, was durch die Zusätze „Software vom Händler incl. Rechnung mit ausgewiesener MwSt.“ und „Steuerfreie Lieferungen an Firmen in EG Ländern mit int. TAX ID möglich!“ unterstrichen wird. Der Angebotstext enthält keine Einschränkungen hinsichtlich der Nutzbarkeit der Lizenz, insbesondere, ob ausdrücklich etwa nur bestimmte Käuferkreise zu einer Nutzung der Lizenz berechtigt sind. Zum Lieferumfang sollen die „Lizenzdaten zur Aktivierung“, das „Installationsprogramm (Vollversion)“ sowie eine Rechnung inkl. ausgewiesener Mehrwertsteuer sowie ein Lehrbuch zählen. „Support bei der Installation / Aktivierung“ soll zusätzlich Vertrauen erwecken, so scheint es zunächst. Unter „Wichtigste Merkmale des Angebots“ wird hervorgehoben, dass es sich um eine „Kaufversion“ handle, bei der „keine weiteren Jahresgebühren und keine weiteren monatlichen Abonnements“ fällig würden.

Zahlungsart: PayPal inkl. Käuferschutz soll Seriosität untermauern

Der Händler gewährt zudem drei Prozent Skonto und verweist darauf, dass jetzt auch „PayPal inkl. Käuferschutz“ möglich sei. Ein weiteres Argument, welches bei Interessierten Vertrauen erwecken dürfte – schließlich würde PayPal bei unseriösen Angeboten oder Betrug zu Gunsten des Käufers entscheiden, das Geld sei abgesichert. Zu erwähnen sei auch der Kaufpreis für die Vollversion von Autodesk Inventor 2020 Professional: 5.699 Euro inkl. Mehrwertsteuer, eine Ansage! Zur Orientierung: Eine seriöse Dauerlizenz einer solchen Software, die inklusive einer durch den Händler initiierten Lizenzübertragung direkt beim Hersteller Autodesk angeboten wird, liegt bei 11.290 Euro. Der Händler, welcher bei eBay Kleinanzeigen auftritt, bietet also einen satten Rabatt in Höhe von rund 50 Prozent an.

Händler veräußert unrechtmäßig Lizenz, die für Bildungseinrichtungen vorgesehen ist

Nach dem Kauf der Software Autodesk Inventor 2020 Professional bei der CS programming UG & Co. KG wird eine E-Mail an die Käuferin geschickt. Darin befinden sich unter anderem eine Seriennummer, ein Registrierungsschlüssel, eine Installationsbeschreibung und die Information, dass die Software (angeblich) auf den Geschäftsführer der Firma übertragen wurde, die die „Lizenz“ bei CS programming gekauft hat.

Sofort fällt auf, dass die in der E-Mail aufgeführte URL zur Aktivierung der Software auf eine Autodesk-Webseite verwiesen wird, unter der ausdrücklich nur Bildungslizenzen aktiviert werden können. Misstrauen kommt auf. Außerdem tauchte die bei CS programming erworbene Inventor-Lizenz nicht im Autodesk-Nutzerkonto der Käuferin als gültige Lizenz auf.

Verkauf von Bildungslizenzen grundsätzlich erlaubt – jedoch unter Auflagen

Der Verkauf von Bildungslizenzen ist prinzipiell nicht illegal. Es gibt aktive Händler in der Branche, welche mit Microsoft-Bildungslizenzen handeln. Dabei werden von Microsoft verbilligt an Einrichtungen herausgegebene Lizenzen erworben, nachdem die Einrichtung diese nicht mehr benötigt und regulär veräußert. Nach dem Kauf solcher Lizenzen werden diese als vollwertige Lizenzen veräußert, was gerichtlich gebilligt ist. Im vorliegenden Fall gibt es jedoch Besonderheiten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat festgestellt, dass sich der Zweiterwerber einer Software auf den Erschöpfungsgrundsatz (vgl. EuGH 03.07.2012: Rechtssache C 128/11) nur dann berufen kann, sofern die Lizenz dem Erstkäufer a) ohne zeitliche Beschränkung und b) gegen ein Entgelt überlassen wurde, das es dem Hersteller ermöglicht, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie des ihm gehörenden Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen. 

Bei der Autodesk-Bildungslizenz, die CS programming vertrieben hat, sind beide Voraussetzungen nicht erfüllt, denn es gibt zum einen eine zeitliche Nutzungsbeschränkung (3 Jahre) und zum anderen wurden die Lizenzen den Bildungseinrichtungen kostenlos überlassen – hier hat also wahrscheinlich kein „Kauf“ (Lizenz gegen Entgelt) vorgelegen. Aus diesem Grund kann sich ein Käufer im vorliegenden Fall wahrscheinlich nicht auf den Erschöpfungsgrundsatz berufen. Das Herunterladen der Installationsdateien vom Server des Händlers stellt zudem höchstwahrscheinlich einen Urheberrechtsverstoß dar, gegen den Autodesk vorgehen könnte

Nachfrage bei Autodesk schafft Klarheit

Eine Anfrage beim Hersteller Autodesk sollte klären, ob die in der E-Mail genannte Seriennummer überhaupt gültig ist und ob die Firma bereits als neue Lizenznehmerin eingetragen ist bzw. noch eingetragen werden kann. Autodesk antwortete wie folgt:

„[Die] Seriennummer xxx-xxxxxxxx ist eine nicht aktive Inventor Professional 2020-Lizenz mit 125 Plätzen, die kostenlos an eine Bildungseinrichtung vergeben werden kann. An der Historie der Seriennummer ist zu erkennen, dass diese noch keinen Besitzer gehabt hat und demzufolge auch weder verkauft noch übertragen werden kann.“

Wenig später ergänzte Autodesk diese Angaben noch wie folgt:

„Die Seriennummer xxx-xxxxxxxx ist noch gar nicht registriert worden und hatte auch in der Vergangenheit keinen Eigentümer. Der illegale, kommerzielle Vertrieb von kostenlosen Bildungslizenzen ist jedoch nicht unbekannt und wir arbeiten gerade an einem Prozess, um die Educational Licenses und deren Vergabe noch mehr zu schützen. Ich habe den Fall mit allen verfügbaren Informationen intern weitergeleitet, woraufhin dieser untersucht wird und Autodesk Compliance die notwendigen Schritte einleitet. Danke nochmals für Ihre Aufmerksamkeit. Für weitere Hinweise bzw. Fragen stehen wir jederzeit gern zur Verfügung.“

CS programming lehnt Rückabwicklung ab

Auf Rückfrage beim Anbieter CS programming wurde nicht bestritten, eine Bildungslizenz geliefert zu haben, allerdings verweist der Anbieter auf seine AGB, die er angeblich in den Vertrag mit der Käuferin mit einbezogen hätte. Demzufolge sei „eine ausschließlich gewerbliche/gewinnorientierte Nutzung der Lizenz […] nie zugesagt“ worden. Im Übrigen stünde diese „u.a. auch in Konflikt mit unseren akzeptierten AGB (insbesondere Punkt 6.1 sowie 7.2.)“ Die Käuferin solle die Software „nach den Lizenzvereinbarungen des Herstellers“ nutzen. Telefonisch wurde aber zugesichert, dass die Software auch durch Unternehmen genutzt werden könne. Nach dem Lizenzbedingungen des Herstellers dürfen „licenses for educational institutions“ nur im direkten Zusammenhang mit Lern-, Lehr-, Schulungs-, Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten verwendet werden, die zu den Lehrtätigkeiten einer berechtigten Bildungseinrichtung gehören. Darüber hinaus haben diese Bildungslizenzen – in Abweichung zu (sonstigen) Kauflizenzen – nur eine Laufzeit von drei Jahren. Eine Rückabwicklung des Kaufs lehnt die Firma CS programming bis heute ab.

Da der Fall noch nicht abschließend gerichtlich geklärt ist, ist auch der in der Artikelbeschreibung erwähnte PayPal-Käuferschutz bis dato wirkungslos. Die hier im Artikel vorgelegten Tatsachen reichten nicht aus, dass die Käuferin den Kaufbetrag erstattet bekam.

Händler verkauft weitere Lizenzen

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Foto: Autodesk VRED 2020 bei eBay Kleinanzeigen, Kaufpreis 29.000 Euro. | Quelle: Screenshot

Seit Dezember 2019 sichten wir Produkte des Händlers CS programming bei eBay Kleinanzeigen. Dabei handelt es sich unter anderem um Autodesk Inventor 2020 (5.699 Euro), Autodesk Revit 2020  (6.599 Euro) und Autodesk VRED Professional 2020 (29.000 Euro). Die Artikel sind meist nicht länger als zwei Wochen gelistet und ähneln sich hinsichtlich der Kernaussagen in den Artikelbeschreibungen stark. Unserer Auffassung nach kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass hier systematisch gehandelt wird und es sich auch in weiteren Fällen nicht um eine Software handelt, die uneingeschränkt von Privatpersonen oder Unternehmen eingesetzt werden darf. Interessant auch: Zum Zeitpunkt des Inventor-Kaufs wurde bereits angegeben, dass es sich um den „Letzten Artikel“ handle, der Kaufpreis lag am 7. November 2019 außerdem noch bei 4.999 Euro (jetzt bei 5.699 Euro). Neben eBay Kleinanzeigen handelt die CS programming auch über ihre eigene Internetpräsenz.

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Foto: Autodesk Revit 2020 bei eBay Kleinanzeigen, Kaufpreis 6.599 Euro. | Quelle: Screenshot
Autodesk Inventor 2020 Professional VRED REVIT 2020 eBay Kleinanzeigen Lizenz Lizenzrecht Lizenzierung
Foto: Der Händler bietet unter anderem Autodesk VRED, Autodesk Inventor und Autodesk Revit an. | Quelle: Screenshot

Vorsicht beim Software-Kauf: Autodesk-Dauerlizenzen sind Expertensache!

Grundsätzlich bietet Autodesk seine Software seit dem 1. August 2016 ausschließlich zur Miete an. So sollen im Zuge einer Umstrukturierung des Unternehmens Kunden langfristig gebunden und höhere Umsätze erzielt werden. Allerdings gibt es auch im Jahr 2020 noch die Möglichkeit, legale und rechtssichere Kaufversionen von Autodesk bei Drittanbietern zu erwerben. Das ist möglich, indem Kaufversionen aus der Zeit vor der „Autodesk-Mietpflicht“ in einem aktiven Wartungsvertrag gehalten wurde und so einen Versionssprung erfahren hat. Endete beispielsweise der Wartungsvertrag der ursprünglich im Jahr 2015 erworbenen AutoCAD LT-Lizenz im März 2019, entstand also eine dauerhaft nutzbare Lizenz von AutoCAD LT 2019. Diese Dauerlizenz bietet ein zeitlich uneingeschränktes Nutzungsrecht und kann auch an Dritte veräußert werden, da hier der Erschöpfungsgrundsatz greift. Die Software muss aber direkt beim Hersteller in den Autodesk-Account des neuen Nutzers übertragen werden. Seriöse Händler von Autodesk-Gebrauchtsoftware weisen auf eine Lizenzübertragung hin und führen diese im Kundenauftrag durch. Dauerlizenzen von Autodesk sollten immer von seriösen und erfahrenen Gebrauchtsoftware-Händlern durchgeführt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass es sich um rechtssichere und einwandfreie Ware handelt.

Microsoft verbietet Downloadportale für Testversionen von Office und Co.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden (Urteil vom 28.03.2019, Az. I ZR 132/17), dass es sich um eine Urheberrechtsverletzung handelt, wenn ein Anbieter eine kostenlose Testversion eines Computerprogramms eines Dritten auf seinem Download-Portal zur Verfügung steht. Das gilt auch, wenn die entsprechende Software zuvor vom Urheberrechtsinhaber auf einer anderen Internetseite frei zugänglich zur Verfügung gestellt wurde.

Microsoft und eBay-Händler wegen Microsoft Office Professional Plus 2013 vor Gericht

Der beklagte eBay-Händler verkaufte üblicherweise Produktschlüssel über seinen Online-Shop, dazu über den Online-Marktplatz eBay. Der Anbieter stellte auf seiner Website eine kostenlose Testversion von Microsoft Office Professional Plus 2013 bereit. Nach Kauf, Download und Installation konnte die Software mit Hilfe des bei diesem Händler erworbenen Produktschlüssels die Vollversion freigeschaltet werden. Microsoft jedoch hat für diesen Vorgang keine Erlaubnis erteilt, klagte deshalb auf Unterlassung und forderte Schadenersatz.

Urteilsbegründung: Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung nach § 69c Nr. 4 Urheberrechtsgesetz (UrhG) durch Händler verletzt

Bereits in den Vorinstanzen wurde zu Gunsten Microsofts entschieden, die Richter des Bundesgerichtshofs schlossen sich nun an. In der Urteilsbegründung wurde betont, dass Microsofts Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung nach § 69c Nr. 4 Urheberrechtsgesetz (UrhG) durch den Händler verletzt wurde. Es sei allein das Recht des Urhebers, sein Werk mittels Veröffentlichung im Internet zugänglich so zugänglich zu machen, dass Dritte es jederzeit abrufen können. Das Bereithalten einer Software zum Abruf auf einem Downloadportal stellt eine eigene Nutzungshandlung des öffentlichen Zugänglichmachens dar. Schließlich verliert der Urheber die Kontrolle über die Bereithaltung seiner Werke. Unbedenklich wäre es im Falle des Händlers gewesen, auf das Downloadportal Microsofts zu verlinken.

Microsoft entfernt Downloadmöglichkeiten nach Support-Ende

Microsofts Anspruch, über die Zugänglichmachung seiner Werke bestimmen zu dürfen, wurde durch den Bundesgerichtshof bestätigt – und das ist auch aus Verbrauchersicht nachvollziehbar. Allerdings kommt es dadurch auch zu Problemen für User, die eine Microsoft-Software legal erworben haben. Beispiel Office 2007: Der Support für Microsoft Office 2007 endete am 10. Oktober 2017. Grundsätzlich bietet Office in der Regel einen fünfjährigen Mainstream-Support (inhaltliche und Sicherheitsupdates), darauf folgt der Extended Support (erweiterter Support, nur Sicherheitsupdates). Ungefähr zum Ablauf des erweiterten Supportzeitraums entfernte Microsoft die entsprechende ISO-Datei von Office 2007 von seinen Servern.  Bei diversen Händlern finden sich aber noch originalverpackte Office-MLKs (Basic, Pro, SBE) zum Kauf. MLK bedeutet Medialess Licence Kit, bei diesem Produkt wird kein Datenträger zur Installation mitgeliefert. Käufer sind also darauf angewiesen, dass Office 2007 auf einem Gerät vorinstalliert ist oder Microsoft eine entsprechende ISO-Datei zum Download anbietet. Geräte mit vorinstalliertem Office 2007 dürften ein Jahrzehnt später äußerst selten sein, durch Microsofts Entfernen der ISO-Datei ist es Kunden nicht möglich, eine legal erworbene Software sofort zu installieren/nutzen. Probleme treten auch auf, wenn Office 2007 erneut installiert werden muss (sei es durch Systemabstürze, Systemumstieg etc.) – auch hier fehlt dann eine Möglichkeit, über den Hersteller an eine ISO-Datei zu gelangen. Erstaunte Kunden melden sich in solchen Fällen ratlos an die Händler – diese stehen dann in der Verantwortung, die eigentlich Microsoft tragen sollte. Für solche Fälle wäre ein richtungsweisendes Urteil wünschenswert. So könnte Microsoft über einen vordefinierten, längeren Zeitraum zur Bereitstellung der Downloads verpflichtet oder Händlern die Erlaubnis erteilt werden, Software, die sich außerhalb des Support-Zeitraums befindet, bereitstellen zu dürfen.

Auf juris.bundesgerichtshof.de können Sie das gesamte Urteil als PDF beziehen.

Microsoft Windows und Office zu Spottpreisen – Billige Keys bereits ab 1,99 Euro online kaufen: Kann das überhaupt legal sein?

Wer auf Internet-Marktplätzen wie Amazon, eBay oder Rakuten nach Windows und Office sucht, stellt schnell fest, dass Software hier für deutlich weniger Geld angeboten wird. Auf manchen Seiten finden sich Produktschlüssel für Windows bereits ab 1,99 Euro, ein Key für Office kostet weniger als zehn Euro. Wie ist das möglich und geht es hier überhaupt mit rechten Dingen zu?

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Foto: Hier wird ein Windows 10 Professional für 1,99 Euro angeboten. | © Screenshot gebrauchtesoftware.de

Mit der Einführung von Office 2016 bietet Microsoft Privatanwendern die Möglichkeit, die Bürosoftware über ein Abonnement-Modell zu beziehen. Für den nicht-kommerziellen Einsatz wird für die Home-Version von Office 365 eine Gebühr in Höhe von 99 Euro pro Jahr fällig. Enthalten sind hier Word, Excel, PowerPoint, Outlook, Publisher (nur PC) und Access (nur PC). Zum Vergleich: als Kaufversion bietet Microsoft Office Home & Student 2019 für einen einmaligen Kaufpreis von 149 Euro an, enthalten sind hier Word, Excel und PowerPoint.

Unternehmen zahlen monatlich 8,80 bis 10,50 Euro (im Jahresabonnement, Preis pro Nutzer) – enthalten sind in Office 365 Business neben OneDrive auch Outlook, Word, Excel, PowerPoint, OneNote und Access (nur PC). In Office 365 Business Premium sind zusätzlich Exchange, SharePoint und Microsoft Teams enthalten. Office 2019 Home & Business zu kaufen kostet einmalig 299 Euro.

Produktschlüssel ohne Lizenz: Angebotene Ware de facto wertlos

Viele unseriöse Anbieter vermeiden bei ihren Artikelbeschreibungen ganz bewusst die Formulierung „Lizenz“, stattdessen ist von „Produktschlüsseln“ und „Keys“ die Rede. Der bloße Erwerb eines Produktschlüssels bedeutet nicht, dass auch eine gültige, rechtssichere Lizenz erworben wird. Eine gängige Vorgehensweise vieler zwielichtiger Händler ist das Versenden eines Produktschlüssels via E-Mail, dieser lässt sich in der Regel auch aktivieren. Trotzdem bedeutet das nicht, dass hier ordentlich lizenziert wurde. Windows-Produktschlüssel funktionieren problemlos auf mehreren Geräten – nach einer Windows-Aktualisierung aber kann es passieren, dass die Lizenz als ungültig angezeigt und nachträglich seitens Microsoft deaktiviert wird. Es ist also möglich, dass der Aktivierungsschlüssel erst Monate nach dem Kauf gesperrt wird. Dann könnte es schwierig werden, Garantieansprüche geltend zu machen. Im schlimmsten Fall ist das Geld weg und die Software unbrauchbar. Tipp: Im Windows Store finden Sie die App ShowKeyPlus, welche bei der Identifikation des Produktschlüssels hilft – so können Sie erkennen, zu welcher Windows-Version bzw. Edition der Key zählt. Das Tool selbst lässt aber natürlich nur bedingt Rückschlüsse auf die Echtheit/Rechtssicherheit des Produktes zu.

Herkunft der Schlüssel oftmals unklar

Die Herkunft der Schlüssel ist in vielen Fällen nicht nachweisbar. In der Praxis werden viele der dubiosen Keys von den Händlern über spezielle Key-Börsen bezogen – dort werden Produktschlüssel in großen Stückzahlen und aus fragwürdigen Quellen angeboten. Solche Schlüssel können auch gestohlen sein, beispielsweise während der Produktion von OEM-PCs – hier können Schlüssel einfach abgeschrieben werden. Wir berichteten auch über einen Fall, bei dem Lizenzen von Microsoft Office, Windows und Windows Server an der Universität Wuppertal entwendet und zum Verkauf angeboten wurden. Ein legaler Handel ist mit solcher „Ware“ unmöglich.

Auch der von vielen Händlern hinzugefügte Hinweis auf die sogenannte UsedSoft-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Jahr 2012 zum Handel mit Software-Lizenzen hilft hier nicht weiter.

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Foto: Hier wird ein Windows 10 Professional für 3,99 Euro angeboten. | © Screenshot gebrauchtesoftware.de

Erwähnung des UsedSoft-Urteils soll unseriöse Angebote glaubhaft erscheinen lassen

In dem Urteil in der Rechtssache C-128/11 vom 03. Juli 2012 erklärte der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Yves Bot, die grundsätzliche Rechtmäßigkeit des Handels mit gebrauchter Software. Ebenso sei es erlaubt, dass online erworbene Software gehandelt werden darf. Dieses Urteil unterliegt aber Bedingungen. Auf das EuGH-Urteil nehmen viele Händler auf den einschlägigen Plattformen Bezug und versuchen so, den Verkauf ihrer gebrauchten Produktschlüssel zu rechtfertigen. Ausgeblendet wird hierbei jedoch die Tatsache, dass der Lieferumfang der Ware genau dem beim Neukauf entsprechen muss. Der Artikel muss so angeboten werden, wie er in Verkehr gebracht wurde. Dazu sind, je nach Lizenzart, folgende Punkte zu berücksichtigen: Datenträger, Handbücher, die Produktverpackung, ein Echtheitszertifikat und gedruckte Lizenzverträge. Fehlt eine dieser beim Neukauf ggf. vorhandenen Komponenten, darf die entsprechende Gebrauchtsoftware nicht verkauft werden. Außerdem muss die Software vor dem Verkauf von allen Computern deinstalliert werden, auch Sicherheitskopien müssen vernichtet werden. Das gebietet bereits der gesunde Menschenverstand, ist aber auch im Urheberrechtsgesetz geregelt. Durch das Hinzuziehen des Urteils soll der Eindruck erweckt werden, es handle sich um ein rechtssicheres, legales Angebot. Nachfolgend möchten wir kurz und verständlich erklären, worauf beim Kauf von (gebrauchter) Software unbedingt zu achten ist. Regelmäßig versuchen Händler auch, durch E-Mails in solchen Fällen fragwürde ESD-Lizenzen zu verkaufen.

Privatkunden müssen selten Konsequenzen tragen, Unternehmen beim Audit jedoch immer

Der Ankauf entsprechender Keys ist illegal, trotzdem haben Privatkunden nur wenig zu befürchten. Bislang ist kein Fall bekannt, bei dem es zu einer strafrechtlichen Verfolgung gekommen ist, wenn ein einzelner fragwürdiger Produktschlüssel für den Privateinsatz genutzt wurde. De facto hat ein solcher Key jedoch die gleiche Rechtmäßigkeit wie der Einsatz illegaler, „gecrackter“ Software. Es handelt sich schlichtweg jeweils nicht um eine legale, rechtssichere Lizenz. Sei es aus Unwissenheit oder zur Beruhigung des eigenen Gewissens – es ist unklar, wieso Nutzer mit solchen Händlern Geschäfte machen, denn die gecrackte Software gibt es ohnehin gratis.

Bei Unternehmen sieht die Sachlage ganz anders aus; fällt bei einem Lizenzaudit die unsachgemäße Lizenzierung auf, muss teuer nachlizenziert werden. In bestimmten Fällen muss außerdem mit einer strafrechtlichen Verfolgung gerechnet werden. Unternehmen sollten sich deshalb darüber im Klaren sein, wie die „Spielregeln“ beim rechtssicheren Lizenzieren aussehen.

Was macht eine rechtsgültige Lizenz aus?

Unternehmen müssen bei einem Audit nachweisen können, dass ihre Lizenzen zum Zeitpunkt des Kaufs den vollen Lieferumfang aufwiesen (Datenträger, Handbücher, die Produktverpackung, ein Echtheitszertifikat und gedruckte Lizenzverträge). Ausnahme: Microsoft stimmt der Vernichtung von Handbüchern zu, wenn der Kunde argumentiert, dass diese Lagerkapazitäten verbrauchen. Allerdings sind diese Lizenzen danach nicht mehr übertragbar. Auch die Herkunft der Software muss nachweisbar sein. Unseriöse Angebote im Netz richten sich hauptsächlich an Privatpersonen, da diese in der Regel keine strafrechtlichen Konsequenzen fürchten müssen und oftmals keine Fachkenntnis bzgl. des Lizenzrechts haben.

Warum sind überhaupt so viele unseriöse Angebote im Netz zu finden?

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Foto: Einer der unseriösen Anbieter. Der Standort ist mit Vietnam angegeben. Die Bewertungen täuschen über die Produkte, die angeboten werden hinweg – schließlich werden die meisten Keys zunächst funktionieren. | © Screenshot gebrauchtesoftware.de

Für die dubiosen Händler ist das Anbieten illegaler Produktschlüssel ein lukratives Geschäft. Selbst bei einem Verkaufspreis von nur wenigen Euro muss klar sein, dass die aus unseriösen Quellen bezogenen Keys noch immer eine enorme Marge bieten. Die Schlüssel werden in großen Mengen zu äußerst günstigen Preisen gekauft. Das liegt daran, dass die Produktschlüssel mehrfach veräußert werden und keinen echten Gegenwert haben, da es sich nicht um eine ordentliche Lizenz handelt. Den Händlern ist es beim Ankauf nur wichtig, dass die Keys zunächst akzeptiert werden – und nicht mal das ist in allen Fällen gegeben. Für die Justiz ist es schwierig, der immensen Anzahl an Anbietern habhaft zu werden, denn sehr viele haben ihren Sitz im Ausland, was die Strafverfolgung erschwert. Außerdem ist die schiere Zahl der unseriösen Key-Händler überwältigend. Auch Online-Handelsplattformen kommen nicht immer hinterher, wenn es um die Sperrung der Händler geht. In manchen Fällen werden die Accounts auch erst zu einem späteren Zeitpunkt durch Nutzer gemeldet, da die Keys ja nicht selten nach dem Kauf funktionieren und sich vor allem Privatpersonen nicht darüber im Klaren sind, dass sie Geld ausgegeben haben, ohne eine ordentliche Lizenz erworben zu haben. Deshalb ist es durchaus möglich, dass sich manche Händler über eine bestimmte Zeit am Markt halten können, ehe sie Konsequenzen tragen müssen. Auch muss beachtet werden, dass kleinere Händler zunächst unter dem Radar bleiben, da auffälligere Händler im Fokus der Ermittlungen stehen dürften. Die unseriösen Händler haben aber einige Gemeinsamkeiten: Kommt es zu Problemen, etwa einer Sperrung des Keys, sind die Support-Mitarbeiter nur schwer zu erreichen – oder es wird einfach ein neuer Key verschickt, der wieder eine Zeit lang funktioniert, aber ebenfalls de facto wertlos ist. Mittelfristig verschwindet jeder unseriöse Händler vom Markt und lässt dann alle rechtlichen Ansprüche ins Leere laufen.

Vorsicht auch vor Fälschungen und bei Verkäufen auf Provisionsbasis

Neben den offensichtlichen Fake-Keys finden sich auch Plagiate im Netz – auch an Orten, wo sie nicht direkt vermutet würden. Schon im Mai 2016 berichteten wir über gefälschte Exemplare von Microsoft Office Home and Business 2010, die wir bei Amazon erworben hatten. Exakt ein Jahr später gingen uns erneut Fälschungen ins Netz, diesmal von Microsoft Office Home and Business 2013. Amazon selbst schien sich der Thematik nicht bewusst und hatte offenbar Mängel bei der Qualitätssicherung. Es wurde blind darauf vertraut, dass es sich bei den durch Amazon direkt angekauften Artikeln um Originalware handelte. Ein weiteres Beispiel für Ware, die nicht hundertprozentig rechtssicher ist, war ein Kauf über CHECK24, den wir im August 2016 vorgenommen haben. Im vorliegenden Fall wurde vom bei CHECK24 gelisteten Verkäufer statt der Retail-Version eine Reinstallations-DVD (OEM) geliefert, so gesehen also das falsche Produkt. Ein Kauf bei Branchenexperten ist deshalb immer vorzuziehen! Ein seriöser Händler garantiert nur dann die Echtheit der Ware oder eine ordentliche Lizenz, wenn die Verantwortlichen eine ausreichende Qualitätsprüfung vornehmen. Allerdings sind alleine Preise, die deutlich höher sind als die beispielhaften 1,99 oder zehn Euro, kein Beleg dafür, dass es sich um einwandfreie Ware handelt. Selbst bei Welthandelskonzernen wie Amazon scheint man nicht vor Fälschungen sicher. Die Händler unterscheiden sich aber darin, wie kulant und kundenfreundlich sie im Einzelfall sind. Entscheiden Sie sich für einen sicheren und kulanten Händler, der großen Wert auf seine Wareneingangskontrolle legt. Sonst können böse Überraschungen drohen. Wenn Sie Zweifel an der Echtheit einer Microsoft-Anwendung haben, können Sie auch den Produktidentifikationsservice konsultieren. Hierfür benötigen Sie eine Eidesstattliche Versicherung und die Rechnungskopie. Einen beispielhaften Fall, bei dem wir eine solche Prüfung in Auftrag gegeben haben, finden Sie im Artikel zur Amazon-Fälschung.