Gegen die Software-Spielregeln: Lizengo stellt Insolvenzantrag

Der Kölner Software-Onlineshop Lizengo hat Insolvenz beantragt. Das Amtsgericht Köln hat im Insolvenzeröffnungsverfahren einen vorläufigen Verwalter des Unternehmensvermögens eingesetzt.

Erstmals berichtete Gebrauchtesoftware.de Ende Oktober 2019 über Lizengo. Damals leitete Microsoft rechtliche Schritte gegen das Unternehmen ein, wir ließen die Geschehnisse Revue passieren. Jetzt die logische Konsequenz: Lizengo ist insolvent.

Produktschlüssel sind nicht automatisch eine Lizenz: Keys aus unseriösen Quellen durften nicht verkauft werden

Unter dem Motto „Wir machen Software einfach!“ bietet Lizengo über den Onlineshop Produktschlüssel zu Preisen deutlich unter Marktpreis an. Zwischenzeitlich gab es die Ware sogar beim Lebensmitteleinzelhändler EDEKA. Hier wurden unter anderem Windows 10 Pro für 39,99 Euro und Microsoft Office 2016 Standard für 149,99 Euro angeboten. Beim Bezahlen an der Edeka-Kasse erhielten Kunden eine Quittung mit einem 12-stelligen Software-Code, den sie auf der Lizengo-Website einlösen konnten.

Damals betonte Lizengo ausdrücklich, dass es sich „ausschließlich um neue, legale und originale Produktschlüssel“ handle. Chip.de urteilte: „Ob der günstigen Preise kann man natürlich misstrauisch werden, aber bei Edeka können Sie ohne großes Risiko zuschlagen.“ Schon damals mutmaßten wir: Eine Fehleinschätzung! Denn ein Produktschlüssel stellt nicht zwangsläufig eine ordentliche Lizenz dar. Mittlerweile haben dies auch viele andere Redaktionen (die in der Regel wenig auf Softwarehandel und Lizenzrecht spezialisiert sind) erkannt und ihre Artikel entsprechend angepasst. Wenig später wurde die Zusammenarbeit zwischen EDEKA und Lizengo beendet.

Microsoft prüft Herkunft der Produktschlüssel – mit überraschendem Resultat

Gegenüber der CRN (heute ICT Channel) teilte Microsoft mit, dass beim Microsoft Produktidentifikationsservice (PID) eingereichte Lizengo-Software geprüft wurde, um Herkunft und Geschichte zu ermitteln. Mit kuriosen Erkenntnissen: Einige Produktschlüssel stammten aus Volumenlizenzverträgen ausländischer Universitäten, andere dürften nicht verkauft werden, weil das erstmalige Inverkehrbringen außerhalb der Europäischen Union stattfand. Microsoft leitete daraufhin rechtliche Schritte ein. Der Vorwurf: Lizengo habe im Jahr 2019 in Märkten Produktschlüssel als angebliche „Lizenzen“ für Computerprogramme eines amerikanischen Softwareherstellers verkauft, ohne den Käufern ein tatsächliches Nutzungsrecht an den Computerprogrammen eingeräumt zu haben.“

Am 18. August 2020 folgte die Durchsuchung der Lizengo-Räumlichkeiten in Köln durch die Staatsanwaltschaft (wir berichteten), rund zehn Wochen später dann die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Lizengo stoppte Softwareverkauf bereits Ende Oktober 2020

Seit dem 30. Oktober 2020 kann man im Onlineshop von Lizengo keine Produktschlüssel mehr erwerben. Die Kundschaft von Lizengo wurde über die Gründe im Unklaren gelassen. Bis heute findet sich auf der Internetpräsenz lediglich ein Hinweis auf eine „Serverwartung“ (s. Foto). Geschmückt wird die Meldung darüber hinaus mit der fadenscheinigen Aussage, die Serverwartung sei wegen COVID-19 und einem damit verbundenen „weltweit […] erhöhten Angriffsvolumen durch Hackerinnen und Hacker“ erforderlich.

Foto: Seit Ende Oktober 2020 ist die Internetpräsenz von Lizengo nicht mehr erreichbar. Offiziell heißt es hier: Serverwartung. | Quelle: Screenshot
Foto: Seit Ende Oktober 2020 ist die Internetpräsenz von Lizengo nicht mehr erreichbar. Offiziell heißt es hier: Serverwartung. | Quelle: Screenshot

Heise.de fragte bei Lizengo nach, wie es mit den rund 130 Mitarbeiter*innen weitergehe, das Unternehmen ließ die Anfrage zunächst unbeantwortet. Später ließ das Lizengo verlauten, dass die Geschäftsführung „einen Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung“ gestellt habe. „Die rechtlichen Auseinandersetzungen mit den Rechteinhabern ließen uns jedoch zur Vermeidung von Schäden keine andere Wahl, als den Shop temporär offline zu stellen“, so die Syndikusanwältin.

Wir berichten sofort, sollten weitere Details bekannt werden.

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Microsoft 365: Abonnementverlängerung mit Prepaid-Karte kann zu Fehlermeldung führen

Im schlimmsten Fall muss Restlaufzeit manuell über den Telefon-Support gutgeschrieben werden

Die Abonnementvariante von Microsofts Bürosoftwaresammlung Microsoft 365 (vormals: Office 365) kann auf unterschiedliche Art und Weise erworben und bezahlt werden. Die gängigsten Methoden stellen hierbei das Bezahlen des Abonnements direkt bei Microsoft (im Microsoft-Konto) und der Kauf einer Lizenz im Einzelhandel (Einzelhandelsverpackung, in der Regel mit einem 12-Monats-Abonnement für eine bis sechs Personen, enthält eine Prepaid-Karte mit aufgedrucktem Code) dar.

Abonnementverlängerung mit Prepaid-Karte

Wird ein Jahresabonnement für Microsoft 365 abgeschlossen, kann im Microsoft-Konto unter „Dienste und Abonnements“ und „Wiederkehrende Abrechnung aktivieren“ eine Zahlungsmethode festlegen, die zum automatischen Bezahlen der Abonnementverlängerung nach Ablauf der Laufzeit dient. Zu den verfügbaren Bezahlmöglichkeiten zählen etwa Kreditkartenzahlung und der Online-Bezahldienst PayPal. Direkt fällt auf: Produktschlüssel, etwa solche, die durch Prepaid-Karten für Microsoft 365 erworben wurden, sind hier nicht aufgelistet (siehe Foto 1).

Foto 1: Im Microsoft-Konto findet sich unter Dienste und Abonnements keine Möglichkeit, Produktschlüssel – etwa solche von Prepaid-Karten für Microsoft 365 - direkt einzugeben. | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de
Foto 1: Im Microsoft-Konto findet sich unter Dienste und Abonnements keine Möglichkeit, Produktschlüssel – etwa solche von Prepaid-Karten für Microsoft 365 – direkt einzugeben. | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de
Foto 2: Während jährliches und monatliches Abonnement von Microsoft 365 problemlos ausgewählt und bezahlt werden können, fehlt in dieser Übersicht ein Hinweis auf die Eingabe von Produktschlüsseln. | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de
Foto 2: Während jährliches und monatliches Abonnement von Microsoft 365 problemlos ausgewählt und bezahlt werden können, fehlt in dieser Übersicht ein Hinweis auf die Eingabe von Produktschlüsseln. | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de

Karte oder Code einlösen: Option an anderer Stelle versteckt

Microsoft hat sich dazu entschlossen, die Möglichkeit des Bezahlens mit einer Prepaid-Karte bzw. einem Code an einer anderen, weniger prominenten Stelle zu platzieren. Karten bzw. Codes können nicht im Kontomenü „Dienste und Abonnements“ eingelöst werden, sondern über das Untermenü „Verwalten“ – unter „Zahlungseinstellungen“ steht der Punkt „Karte oder Code einlösen“ zur Verfügung (siehe Foto 3).

Foto 3: Die Möglichkeit, Prepaid-Karten bzw. Codes einzulösen, ist an weniger prominenter Stelle platziert. | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de
Foto 3: Die Möglichkeit, Prepaid-Karten bzw. Codes einzulösen, ist an weniger prominenter Stelle platziert. | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de

Einlösen von Prepaid-Karten und Codes kann seit Monaten zu Problemen und Fehlermeldung führen

Nach Recherchen der Redaktion von Gebrauchtesoftware.de konnten über Monate hinweg keine Codes über den entsprechenden Menüpunkt im Microsoft-Account einlösen. Stattdessen erschien eine Fehlermeldung (siehe Foto 4).

Foto 4: Beim Versuch, einen Code einzulösen, kann es zu einer Fehlermeldung kommen. Man solle bitte den Support kontaktieren, heißt es. | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de
Foto 4: Beim Versuch, einen Code einzulösen, kann es zu einer Fehlermeldung kommen. Man solle bitte den Support kontaktieren, heißt es. | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de

Unsere Empfehlung bei Abonnementverlängerung: Keine Laufzeit verlieren!

Ein bestehendes Abonnement kann per Code verlängert werden, allerdings sollte man den richtigen Zeitpunkt zur Verlängerung wählen. Unbedingt einen Tag bzw. kurz vor dem Ablauf des Abonnements verlängern! Warum? Wird ein Abonnement verlängert, geht in den meisten Fällen die Restlaufzeit verloren, denn das Abonnement wird um zwölf Monate ab Code-Eingabe verlängert.

Die verlorene Laufzeit bekommt man nur über den telefonischen Support von Microsoft zurück. Das ist mit Aufwand verbunden. Verlängert man das Abonnement kurz vor Ablauf, spart man sich den Anruf.

Im Microsoft-Forum ist dazu folgendes zu lesen:

„Allerdings kann es bei Verlängerungen über Drittanbieter dazu kommen, dass Sie sich zusätzlich an den Microsoft-Support wenden müssen. Dieser muss Ihr abgelaufenes Abo stornieren, bevor Sie eine neue Lizenz aufspielen können.

Dafür erhalten Sie via E-Mail von verifyme@microsoft.com einen Stornierungscode, den Sie dann noch telefonisch bestätigen müssen. Ist Ihre Identität so überprüft, wird die alte Lizenz entfernt und Sie könne den Code für die neue wie gehabt in Ihrem Konto eingeben.“

Microsoft-Forum

Vorgehensweise zum Nachteil von Händlern und Verbrauchern

Es bleibt nur zu spekulieren, wieso Microsoft Händlern und Verbrauchern gleichermaßen Steine in den Weg legt. Bloße Unwissenheit kann ausgeschlossen werden, da das Problem seit Monaten bekannt ist und in einschlägigen Foren ausgiebig diskutiert wird.

Naheliegend ist hingegen die Vermutung, dass es Microsoft nicht eilig damit hat, den genannten Fehler zu beheben, der den Direktvertrieb unangemessen bevorzugt, da man beim Direktvertrieb den Fachhandel  nicht an der Marge beteiligen muss.

Praxistipp: So verlängern Sie Microsoft 365

Soll das Abonnement von Microsoft 365 verlängert werden, sollte dies nach Möglichkeit am letzten Tag der Laufzeit geschehen. So entfällt das Telefonat mit Microsoft, durch welches die Restlaufzeit manuell gutgeschrieben wird. Folgende Vorgehensweise ist empfehlenswert:

  • Unter https://www.microsoft.com/de-de/ mit dem Konto anmelden, unter dem das Abonnement registriert ist, das verlängert werden soll.
  • Neuen Webbrowser-Tab öffnen, hier https://setup.office.com/ besuchen
  • Auf „Anmelden“ klicken, es wird automatisch das Microsoft-Konto des ersten Webbrowser-Tabs angezeigt
  • Meldet man sich direkt über https://setup.office.com/ an, ohne sich vorher unter https://www.microsoft.com/de-de/ angemeldet zu haben, kommt es unserer Erfahrung nach häufig zu Problemen bei der Aktivierung von Codes
Foto 5: So funktionierten die Anmeldung und Aktivierung des Codes ohne Fehlermeldung | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de
Foto 5: So funktionierten die Anmeldung und Aktivierung des Codes ohne Fehlermeldung | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de

Nach erfolgreicher Verlängerung wird eine Bestätigung angezeigt (siehe Foto 6), außerdem wird die neue Laufzeit auch im Microsoft-Konto unter „Dienste und Abonnements“ angezeigt.

Foto 6: Die Verlängerung des Abonnements wurde durchgeführt. | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de
Foto 6: Die Verlängerung des Abonnements wurde durchgeführt. | Screenshot: Gebrauchtesoftware.de

Hatten Sie Probleme bei der Verlängerung des Abonnements von Microsoft 365 mit Hilfe einer Prepaid-Karte oder hat alles reibungslos funktioniert? Schreiben Sie uns eine Nachricht!

Staatsanwaltschaft lässt den Software-Händler lizengo in Köln durchsuchen

Produktschlüssel-Verkauf bei Lebensmittelhändler EDEKA gestoppt

„Wir machen Software einfach!“ – so wirbt die Kölner lizengo GmbH & Co. KG auf seiner Internetpräsenz für seine Produkte. Längere Zeit war es still um den Händler, der Produktschlüssel für (Server-)Betriebssysteme, Bürosoftware, CAD-Software und mehr anbietet. Im Oktober 2019 berichtete Gebrauchtesoftware.de bereits über lizengo, damals kooperierte der Händler mit dem Lebensmittelhändler EDEKA. Zu Preisen deutlich unter Marktpreis wurden unter anderem Windows 10 Pro für 39,99 Euro und Microsoft Office 2016 Standard für 149,99 Euro angeboten. Beim Bezahlen an der Edeka-Kasse erhielten Kunden eine Quittung mit einem 12-stelligen Software-Code, den sie auf der lizengo-Website einlösen konnten .

Staatsanwaltschaft Köln und lizengo-Anwältin äußern sich

Etwa einem Monat nachdem das Handelsmagazin „CRN“ diverse Ungereimtheiten bei lizengo aufdeckte, leitete der Redmonder Software-Riese Microsoft rechtliche Schritte ein. Nachdem es mehr als ein halbes Jahr kaum mediales Echo zu dem Fall gab, bestätigte die Staatsanwaltschaft Köln gegenüber der Redaktion von Golem.de, dass in der vergangenen Woche (Kalenderwoche 34) „Durchsuchungsmaßnahmen bei einem Online-Händler durchgeführt wurden, dessen Verantwortlichen und weiteren Beschuldigten vorgeworfen wird, im Jahr 2019 in Märkten Produktschlüssel als Lizenzen für Computerprogramme eines US-amerikanischen Softwareherstellers verkauft zu haben, ohne dass der Käufer ein tatsächliches Nutzungsrecht hatte.“ Einen Bericht von Heise Online bestätigte Dörthe Minde, Anwältin von lizengo, gegenüber Golem.de teilweise: „Wir bestätigen, dass es ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln gibt. Lizengo ist in diesem Zusammenhang als Zeugin durchsucht worden.“

Daten und Datenträger bei lizengo sichergestellt

Staatsanwalt und Pressesprecher Christoph Hebbecker erklärte, dass im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen Daten und Datenträger sichergestellt wurden, weitere Angaben mit Blick auf die laufenden Ermittlungen wegen Betrugs jedoch nicht mitgeteilt werden können. Auch Namen von Beschuldigten oder beteiligten Firmen wurden nicht bestätigt. Wir werden den Fall weiterhin beobachten und Sie bei Neuigkeiten umgehend informieren.

Lesen Sie hier unseren Artikel vom 28. Oktober 2019: Lizenzschlüssel zwischenzeitlich bei EDEKA erhältlich: Microsoft leitet rechtliche Schritte gegen lizengo ein.